Für Empathie gegen Apathie!
05. Apr 2016
Rede zum Ostermarsch 2016 in Augsburg
Liebe
Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Augsburger Ostermarsches!
Im
Namen der internationalen katholischen Friedensbewegung pax christi möchte ich
Sie ganz herzlich begrüßen. Schön, dass Sie da sind. Sie zeigen damit, dass
Ihnen die Welt, in der wir leben nicht gleichgültig ist. Denn die ‚Ohne
mich-Haltung‘ ist etwas vom schlimmsten, das man sich und der Welt antun kann. Wir brauchen auch gerade heute die
Fähigkeit zur Empörung und damit zum Engagement. Sie setzen hier ein Zeichen
für Empathie gegen Apathie! Danke dafür!!
Ich
möchte mit einer Kurzgeschichte aus dem Judentum beginnen:
Ein
weiser Rabbi stellte seinen Schülern einmal eine Frage:
Wie
bestimmt man die Stunde, in der die Nacht endet und der Tag beginnt?
Einer
der Schüler antwortete:
„Vielleicht
ist es der Moment, in dem man einen Hund von einem Schaf unterscheiden kann?“
Der
Rabbi schüttelte den Kopf.
„Oder
vielleicht dann, wenn man von weitem einen Dattel- von einem Feigenbaum
unterscheiden kann?“
Der
Rabbi schüttelte wieder den Kopf.
„
Aber wann ist es dann?“
Der
Rabbi antworte:
„Es
ist dann, wenn ihr in das Gesicht eines beliebigen Menschen schaut und dort
Eure Schwester oder Euren Bruder erkennt.
Bis dahin ist die Nacht noch bei uns.“
Schauen
wir in das Gesicht eines beliebigen Flüchtlings in Augsburg aus Eritrea, aus Syrien, aus dem Irak, aus
Afghanistan und erkennen wir darin unsere Schwester, unseren Bruder, der Hilfe
braucht. Daran lasst uns festhalten entgegen allen Reden und Handeln anderer
Menschen, von Parteien und Politik.
Liebe Friedensbewegte wir
brauchen einheitliche europäische Kriterien für eine Schutzkultur für flüchtende
Menschen und nicht die Perfektionierung von Schutzmauern.
Dieses Europa tötet durch
Unterlassung schreibt Heribert Prantl von der Süddeutschen Zeitung.
Es
kann doch nicht sein, dass Deutschland
die Grenzen für Waffen offen hält, aber die Grenzen für Menschen nun auch mehr
und mehr schließt.
Wir sagen: „Grenzen öffnen
für Menschen in Not
Grenzen schließen für Waffen zum Töten“
Wir sagen: „Fluchtursachen
bekämpfen, nicht die Flüchtlinge“
Asylrecht ist Menschenrecht!!
Das
entsetzliche Sterben im Mittelmeer muss beendet werdendurch die Schaffung von
sicheren Fluchttransitwegen. Hier liegt Europs Verantwortung, nicht in der
militärischen Flüchtlingsabwehr.
Erst
in diesen Tagen hat die Bundesregierung weitere Rüstungsexporte in den Nahen
und Mittleren Osten genehmigt: u.a. nach Saudi-Arabien, nach Oman
Maschinengewehre und –pistolen von Heckler&Koch, in die Vereinigten
Arabischen Emirate 65.000 Patronen für Granatwaffen von Rheinmetall – alles wahrlich
keine Friedensregionen!!
Herr
Gabriel, restriktive Rüstungsexportpolitik sieht anders aus!!
Rüstungsexporte
erst ermöglichen Krieg, und Krieg und Gewalt sind eine wesentliche Ursache von
Flucht.
Wir sagen: Stopp von
Rüstungsproduktion und Waffenhandel auch
aus der Friedensstadt Augsburg!
Wir sagen: Ein gesetzliches
Verbot für den Export von Kleinwaffen und für die Vergabe von Lizensen zum
Nachbau von Waffen!
Wenn
die 62 reichsten Menschen mehr Vermögen besitzen wie 3,5 Milliarden Menschen,
dann stimmt etwas mit unserem Wirtschaftssystem nicht.
Der
Papst sagt: „ Diese Wirtschaft tötet“ und er hat Recht. Die Schere von arm und
reich geht immer weiter auseinander in Deutschland und weltweit. Auch dies
trägt zum himmel-schreiendem Unrecht und
zur zunehmenden Flucht bei.
Die
ungezügelte Globalisierung und Macht des Kapitals schlägt zunehmend auf die
Industrienationen, auf Europa, auf Deutschland selbst zurück, stärkt hier
Fremdenfeindlichkeit und Rassismus und gefährdet Demokratie.
Wir
brauchen einen Paradigmenwechsel vom realexistierendem Kapitalismus hin zu
einer menschenfreundlichen Gemeinwohlökonomie, die allen Menschen dient!
Mit
Euch/mit Ihnen hab ich eine Sehnsucht und eine Vision, wie sie der Augsburger
Bert Brecht in seinem Gedicht ‚Bitten der Kinder‘ ausdrückt:
Die
Häuser sollen nicht brennen.
Bomber
sollt man nicht kennen.
Die
Nacht soll für den Schlaf sein.
Leben
soll keine Straf sein.
Die
Mütter sollen nicht weinen.
Keiner
sollt töten einen.
Alle
sollen was bauen.
Da
kann man allen trauen.
Die
Jungen sollen’s erreichen.
Die
Alten desgleichen.
Lass
uns gemeinsam aufstehen für den Frieden – Ostern ist für Christen Aufstand für
das Leben – gegen die Interessen des Todes und seine Repräsentanten.
Lasst
uns gemeinsam egal mit welchem religiösen oder weltanschaulichen Hintergrund
für den Beginn eines neuen Tages, für ein besseres Morgen arbeiten.
Vielen
Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Christian Artner-Schedler
(Referent
für Friedensarbeit bei pax christi Augsburg)